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READER—Was kommt nach dem Tod?

Textfeld: Er ging umher, und als, wie er sagte, seine Schenkel schwer wurden, legte er sich auf den Rücken, denn so hatte der Mann ihn geheißen. Dieser, der ihm das Gift gegeben, befühlte ihn dann nach einiger Zeit und untersuchte seine Füße und Schenkel. Darauf drückte er ihm heftig den Fuß und fragte, ob er es empfinde, [Sokrates] aber verneinte es; und danach die Unterschenkel, und so ging er immer höher hinauf und zeigte uns, wie er erkaltete und erstarrte. Und [dann] faßte er ihn [noch einmal] an und sagte, wenn es ihm bis ans Herz komme, werde er sterben. Schon war er um den Unterleib her fast kalt geworden, da enthüllte er sich noch einmal - denn er hatte sich verhüllt - und sagte, was seine letzten Worte sein sollten:
„Kriton, wir schulden dem Asklepios einen Hahn. Opfert ihm den und versäumt es nicht!“
„Wahrlich, das soll geschehen“, antwortete Kriton. „Aber sieh, ob Du sonst noch etwas sagen willst?“
Auf diese Frage antwortete er nichts mehr, sondern kurze Zeit darauf zuckte er, und der Mann deckte ihn auf: da waren seine Augen gebrochen. Als Kriton das sah, schloß er ihm den Mund und die Augen.
So war das Ende unseres Freundes, Echekrates - eines Mannes, von dem wir wohl sagen dürfen, daß er unter allen, die zu seiner Zeit lebten und die wir kennenlernten, der Beste und überhaupt der Einsichtsvollste und Gerechteste gewesen ist.

aus: Konzepte 3. Materialien für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe II S. 18f